Ein etwas anderer Reisebericht zu Glasgow und Oban auf der Reise in Schottland
Die Besten gehen zu früh. Im besten Alter und das Leben noch vor sich nimmt das Schicksal manchmal seinen Lauf und führt junge, hoffnungsvolle Männer nicht in Versuchung, nein, sondern in die Ehe. So auch meinen besten Kumpel seit der Schulzeit, der sich für eine lebenslange exklusive Fortpflanzungsgemeinschaft mit seiner Freundin entschied. Dieses Schicksal tut er auch noch vor Gott und der Welt im Rahmen einer Hochzeitsfeier kund. Zu diesem Zwecke gestaltete ihm der engste Kreis seiner Freunde einen würdigen Abschied. Es folgt nun ein etwas anderer Reisebericht zu einem etwas anderen Junggesellenabschied durch das Nachtleben Glasgows und die Highlands in Schottland.
An einem frühen Freitag im November ging die Reise los. Die drei aus der Gruppe, die nicht demnächst heiraten mussten, durften dafür aber ein Stück fahren. Der zukünftige Bräutigam, nennen wir ihn der Einfachheit halber „Jens“, sollte nämlich abgeholt und zum Flughafen gebracht werden. Das Ziel, Glasgow (sowie der gesamte Ablauf), war Jens selbstverständlich nicht bekannt. Das infantile Gebaren der Gruppe soll an dieser (und an weiteren) Stellen nicht im Detail beschrieben werden. Bis zum Abflug Richtung Schottland waren aber die ersten Biere vertilgt und dreiviertel der Gruppe bereits seit zehn Stunden auf den Beinen.
In Glasgow angekommen ging es direkt zur Mietwagenvermietung. Dort erwartete uns ein schöner Peugeot 2008. Genau das Richtige für uns. Ein City-SUV mit genug Raum für vier mehr oder weniger schlanke Kerle und deren Taschen. Der Linksverkehr wurde bravourös von unserem Fahrer, nennen wir ihn mal „Lewis“, gemeistert. Wir dachten, dass wir das Schlimmste jetzt hinter uns hatten. Doch dann kam das easyHotel Glasgow City.
Ich kann mit Worten kaum ausdrücken, wie beschissen das Hotel ist. Ein Wohnwagen ist verglichen mit diesen Doppelzimmern ein Palast. Ganz zu schweigen von dem „Bad“. Wer auch nur das Mindeste an Selbstachtung besitzt und sowas wie eine menschenwürdige Unterbringung sucht, sollte dieses Hotel klar meiden. Bis auf die Lage gibt es nichts Positives dazu zusagen. Zum Glück sollten wir im Endeffekt nur vier Stunden in diesem Gebäude verweilen. Also machten wir uns schnell fertig und zogen los.
Geld abheben und direkt in den nächsten Getränkeladen. Wir testeten, wie verboten es war in der Öffentlichkeit zu trinken. Nicht sehr verboten. Bevor es ins vorreservierte Restaurant ging, hielten wir an, um dem ersten Pub (The Lauders) einen Besuch abzustatten. Jedem ein Bier in diesem authentischen Pub, wo anscheinend jedes Klischees Großbritanniens auf einmal erfüllt werden sollte, diente als Grundlage für das anstehende Essen (und die anstehenden Getränke).
Dies erfolgte im Grillrestaurant The Raven. Eine vorzügliche Wahl, wie wir im Laufe des Abends feststellen sollten. Das Essen war vorzüglich und sehr schnell serviert. Meine Person, nennen wir mich mal „Wladi“, durfte die besten Rippchen seit Las Vegas verspeisen. Der Service war super und die Getränke lecker und kühl. Es war schwer im Vorfeld ein würdiges Restaurant zu finden, welches zwar keine 5 Sterne hatte, aber dennoch keine Imbissbude war. Das The Raven bot somit ein entsprechendes Ambiente für unsere Zwecke.
Gut gesättigt ging es einen kurzen zweiminütigen Weg zum The Howlin‘ Wolf. Einer sehr schick eingerichteten und gut besuchten Bar mit Live-Musik. Während der Musiker des Abends, nennen wir ihn „Matthew“, vorne auf der kleinen Bühne performte, nahm unsere eigene Performance mit jedem bestellten Getränk zu. Eine Gruppe Männer, die mit weißen Hemden, Hosenträgern und Fliegen in einer Bar verweilt, fällt nun einmal auf. Wir hatten unseren Spaß und zogen weiter.
Nach guten zehn Minuten erreichten wir unseren Club für diese Nacht – The Berkeley Suite. Ein kleiner Club, der perfekt gefüllt war, um entspannt feiern zu können. Mit dem Live-Set von Genius Of Time sowie einem B2B zwischen Wheelman und Ewan Chambers wurde dem geneigten Besucher eingeheizt. Selten habe ich so entspannte und freundliche Menschen in einem Club angetroffen. Es war der perfekte Rahmen für uns (wie bereits zuvor das Restaurant). Matthew, den Musiker aus der Bar, trafen wir ebenso an wie unzählige Menschen, die wissen wollten, warum wir eigentlich Fliegen trugen. Wir hingegen wollten wissen, wie Junggesellenabschied in Schottland genannt wird. „Stag night“. Auf dem Höhepunkt der Feierlaune war Schluss. Sperrstunde, die wir noch aus Dublin kannten, trat ein. Um 03:00 Uhr war Ende.
Dies war aber nicht schlimm. Ganz im Gegenteil. Da wir noch Programm für den anstehenden Tag hatten, konnten wir eine Handvoll Stunden Schlaf gut gebrauchen. Zudem war der Bräutigam in spe gut besoffen und glücklich und keiner von uns musste kotzen. Voller Erfolg. Frühmorgens ging es dann auf die Straße Richtung der Küstenstadt Oban in den Highlands.
Auf der knapp dreistündigen Fahrt hieß es einfach wach zu bleiben und links zu fahren. Bei herrlichem Sonnenschein erreichten wir dann sicher unsere Unterkunft. Das High Cliff Guest House erschien uns wie der Himmel auf Erden. Nach der Horror-Unterkunft in Glasgow war dies ein Paradies für uns. Aber auch ohne die schlechten Erfahrungen vorm Vortag wären wir sehr zufrieden gewesen mit unserer Unterkunft in Oban. Waren die Zimmer (wie das gesamte Haus) schon überzeugend, so wurden wir vom Frühstück am nächsten Morgen (welches wir am Anreisetag vorbestellten) umgehauen. Tolle Unterkunft mit einem tollen Gastgeber.
Viel Zeit zum Verweilen blieb nicht, denn wir wollten auf die Insel Kerrera mit der Burgruine Gylen Castle. Dazu mussten wir mit dem Auto zunächst zur Anlegestelle der Fähre auf der Gallanach Road. Leider fiel unser Ausflug ins Wasser. Nicht, weil es zu regnen anfing, sondern weil die Kerrera Ferry zwischen 12:30 Uhr und 14:00 Uhr nicht fuhr. Blöd, dies wäre nämlich genau das Zeitfenster für unseren Ausflug gewesen.
Doch kein Problem für uns. Wir hatten einen Plan B in petto. Dazu musste „Jens“ zwar bisschen leiden, aber dies gehört wohl dazu. Wir stiegen den nahegelegenen Public Footpath to Pulpit Drive hinauf. Drei Personen waren gut eingepackt gegen die nasskalte Witterung. Der Vierte erbrachte unserem Gastland eine Hommage, in dem er den Aufstieg im Schottenrock (Kilt) bewältigte. Oben zelebrierten wir das Ganze noch ein bisschen und kehrten anschließend im The Oban Inn zur Bieraufnahme ein. Die Kneipe war sehr einladend und beim Eintreten merkten wir, dass die Idee mit dem Bier nicht nur uns kam – so am frühen Nachmittag.
Einmal über die Straße und wir befanden uns direkt vor unserer nächsten Station: The Oban Distillery. Der Whisky war der Hauptgrund für die Reise nach Schottland. Da der angehende Bräutigam ein Whisky-Liebhaber ist (oder zumindest glaubt einer zu sein) durfte selbstverständlich eine Tour durch eine Whisky-Brennerei nicht fehlen. Die kurzweilige einstündige Führung informierte über den Herstellungsprozess und über den Oban-Whisky. Ein Erinnerungsglas sowie noch eine Kostprobe am Ende rundeten das Ganze perfekt ab.
Bevor es ins Hotel für eine Verschnaufpause ging, bestiegen wir noch den Pfad zum McCaig’s Tower. Dieser stellt einen nicht fertiggestellten Nachbau des Kolosseums in Rom dar und bietet von dort einen tollen Überblick über die Stadt. Ein paar Erinnerungsfotos und Momente später ging es dann ins Hotel.
Abends ging es zum The Waterfront Fishouse am Hafen. Wir reservierten zuvor, was wärmstens zu empfehlen ist – die Reservierung sowie das Restaurant an sich. Das Restaurant ist etwas edler und bietet alle möglichen Fischgerichte quasi frisch aus dem Meer. Dazu gibt es weitere Fleisch- und Salatspeisen. Wir sättigten uns und zogen in die Aulay’s Bar für das letzte Bier auf schottischem Boden.
Es war nochmals ein authentischer Abschluss unserer Reise, die zum einen ausgelassene Partylaune bot und zum anderen auch Besinnliches in der Natur. Ein gelungener Mix zwischen dem feierlaunigen und geselligen Glasgow und dem ruhigen und leicht verschlafenen Oban. Es wurde ein Lebensabschnitt gebührend abgeschlossen und ein neuer bewusst eingeleitet. Das war unser Ziel mit dieser Reise und am Ende können wir zufrieden darauf zurückblicken.
Alles Gute für deine Zukunft und deine Ehe, mein Freund. Gehe von nun an euren gemeinsamen Weg und gib‘ deiner Frau mehr als nur einen Grund dich zu lieben. Vergiss dazu deine Freunde nicht und behalte unsere Reise stets in Erinnerung. Von nun an werden viele andere und neue schöne Dinge auf dich zu kommen, aber es wird nie wieder so sein wie in Schottland, im November ’17.